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Moloko 1 (IdS)

Roisin Murphy, Moloko-Sängerin
in Bonn.     Foto: IdS

Besser, denn je

Von Tim In der Smitten

Bonn.Ich schickte ihr ein Tonband mit einer Bassline und elektronischen Beats“, erinnert sich Produzent und Songschreiber Mark Brydon. Doch der Text, den Roisin Murphy, Sängerin der Gruppe Moloko, dazu schrieb, hatte nichts mehr mit dem zu tun, was sich Brydon vorgestellt hatte. „Daher mussten wir uns wieder treffen. Doch ihr Besuch bei mir war merkwürdig. Roisin ist Irin und am ersten Tag benahm sie sich wie im Lehrbuch. Bevor wir anfangen konnten trank sie zwei Flaschen Weißwein. Ich glaube, sie hätte auch Wodka genommen“, erzählt Brydon.  So gestärkt legte Roisin eine ziemlich zerschlissene Mappe auf den Tisch. Darin befanden sich Schnipsel wie in einem Erpresserbrief. Sie hatte Zeilen, Sätze, Wörter aus der "Sun" oder dem "Daily Mirror" ausgeschnitten. „Das ist ihre Art, Songs zusammenzubauen. Als sie soweit war, ging sie in die Gesangskabine. Der Vorhang musste zugezogen, das Licht gelöscht werden. Sie wollte nicht gesehen werden, aber sie war großartig“, erzählt Produzent Brydon. Das war vor gut einem Jahr. 
     Rückblende:
1994, Sheffield, auf einer sehr „irischen“ Party: Roisin Murphy geht auf Mark Brydon zu und fragt ihn geradeheraus, ob er ihren eng anliegenden Pullover mag: „Do you like my tight sweater?“. Brydon hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt schon einen Namen als Mitglied mehrerer englischer Bands gemacht. Für die junge Murphy beginnt an diesem Abend ihr erster Schritt ins Musik-Biz, denn es kommt zur Zusammenarbeit zwischen Murphy und Brydon unter dem Bandnamen „Moloko“. Und der wenig schüchterne Anmachspruch wurde sogar zum Titel ihres gemeinsamen Debütalbums, das ´96 unter dem Bandnamen Moloko auf den Markt kam. Moloko stammt übrigens von einem Drink aus Anthony Burgess' „A Clockwork Orange“ und bedeutet dort so viel wie „Milch“.
     Doch nicht nur die gemeinsame Arbeit trägt Früchte, auch privat vereinigen sich die beiden bald darauf zu einem Pärchen, doch im vergangenen Jahr war nach über acht Jahren Schluss.  Eine lange Zeit für ein Paar, das ständig im Rampenlicht steht und wohl alles gemeinsam gemacht hat. Denn in ihrer Beziehung teilten sie „einfach allen“, wie Murphy sagt. „Vom Bett bis zum Bühnenauftritt.“ Doch auch jetzt, wo ihre Beziehung vorbei und die Schmerzen der Trennung, die Roisin nach eigener Aussage „sehr zugesetzt haben“, überwunden sind, holt sie ihre gemeinsame Geschichte oft ein. Moloko ist nun mal untrennbar auch mit der Liebe der beiden Künstler verbunden. Besonders durch ihr kürzlich gemeinsam erschienenes viertes Album „Statues“, dass so voller nachdenklicher Passagen ist.
          Es ist ein Werk, das Beiden, wohl gerade wegen ihrer privaten Trennung, unglaublich viel bedeutet. Ihm entstammt zudem die wichtigste Einsicht, „dass die Basis, die Moloko ausmacht, nicht zerstört werden kann“, sagt die Sängerin, Das sei gut zu wissen, „denn diese Band hat unser Leben unglaublich bereichert. Die Zukunft der Band sei deshalb nie so kritisch gewesen, wie einige Pressevertreter schrieben. „außerdem war ich gar nicht bereit gewesen, mit dem Singen aufzuhören, wo ich mich doch gerade in den letzten Jahren so verbessert habe“, fügt sie lachend hinzu. Und was die Zusammenarbeit mit ihrem Ex angehe, so sei es „komisch gewesen, wie gut wir auf einer anderen Ebene wieder zusammengefunden haben“.
           Schlichtweg „umhauen“ würden sie seitdem auch die Reaktionen des Publikums. Besonders wenn die Fans bei ihren Hits ,Sing it back’ oder ,This time is now’ „richtig abgehen“, gesteht die charismatische Frau. Der Enthusiasmus der Fans bei Liveauftritten, liegt aber nicht nur in der Freude darüber, dass sich Moloko nach der privaten Trennung nicht aufgelöst hat.  Wer die Band  Anfang Juni auf der Museumsmeile in Bonn erlebt hat, der spürte, warum die aktuelle Tournee der Formation zu einem Triumphzug geworden ist. Es ist die besondere Beziehung, die sich zwischen Roisin Murphy und dem Publikum binnen weniger Lieder aufbaut. Es scheint, als hätte man in ihr einen Schalter umgelegt. Mit einem Mal lässt sie Gefühl und Persönlichkeit auf der Bühne zu.
              Roisin gibt selbst zu, dass sie sich auf der Bühne jetzt auch traut, sich als „verletzliche Personen“ zu zeigen. So ist sie zwar auf ihre Art noch genauso herb, doch ihre jugendliche Unbekümmertheit ist einer nachdenklichen, gefühlvolleren Roisin gewichen. Eine Wandlung, die auch auf ihrem aktuellen Album, „Statues“ zu hören ist. Waren ihre Alben bisher geprägt von einer übervollen musikalischen Bandbreite, haben sie bei „Statues“ eine große Wandlung vollzogen und sich auf eine Musik-Farbe konzentriert. Schnell wird klar, dass Murphy und damit auch Moloko erwachsener und reifer geworden sind. „Aber diese Platte zu machen, war alles andere als einfach“, betont Roisin. „Besonders das Texten war ein sehr privater Moment, den wir jetzt einfach zulassen können – wenn es auch eine Gratwanderung war.“  Herausgekommen ist ein richtig klasse Album voller edlem Pop. Dazu gehören auch die komplexen Orchesterarrangements mit dem zuweilen ein Hauch Melancholie aufkommt. Und obwohl der Vorstoß ins Persönliche in erster Linie die Wirkung einer schmerzhaft Erlebten Trennung ist, steht er Moloko doch sehr gut zu Gesicht.

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